Fotos: Rita Palanikumar für Sweet Home
«See right through me», «Hook me up» oder «Don’t screw with me» sind nicht etwa Popsongs, sondern die Namen von Möbeln und Dingen der Designerin Isabell Gatzen. In ihrem charmanten Zürcher Reich empfängt sie uns mit einem strahlenden Starlächeln, cool gekleidet in einen Overall im Eighties Style. «Das Leben als Designerin ist leider nicht mehr so glamourös wie in den 80er-Jahren, als Designstars wie Philipp Starck reich und berühmt wurden», lacht sie achselzuckend. Doch sie liebt ihren Beruf trotzdem, und das mit grosser Leidenschaft.
Isabell Gatzen studierte Industriedesign in Kiel und an der Zürcher Hochschule der Künste. Danach arbeitete sie einige Jahre in Designstudios in San Francisco. Zurück in Zürich, gründete sie ihr eigenes Studio. Die Wohnung, die sie absolut liebt, hat sie erst nach fünfmonatiger Suche gefunden. «Ich ziehe nie mehr weg», schwärmt sie. Das Zuhause entspricht genau ihren Bedürfnissen: Sie liegt mitten in ihrem Lieblingsquartier Kreis 3 und ist ein Altbau mit guter Raumaufteilung, weiss gestrichenem Täfer und schönen Böden.
Die 71 m² grosse Dreizimmerwohnung ist mit Lieblingsdesignstücken, geerbten Sachen und vielen eigenen Möbeln eingerichtet. Im Wohnzimmer stehen zwei Couchtische namens The Other Way Round, die Isabell Gatzen selbst produziert hat. Es sind Prototypen, die ohne Auftrag entstanden sind. Auf dem grösseren Tisch steht Gatzens berühmter Kerzenständer, den sie für die renommierte dänische Firma & Tradition entworfen hat. Die Hütchenlampe an der Wand ist von Le Corbusier. Und die Couch, ihr letztes Ikea-Stück: «Es ist schwierig, schöne Sofas zu finden, die zahlbar sind. Wer weiss, vielleicht bekomme ich ja mal den Auftrag, eines selbst zu entwerfen.»
Auch über dem Esstisch hängt eine bemerkenswerte Leuchte. Diese ist vom Schweizer Architektenpaar Trix und Robert Haussmann. Den Tisch hat Isabell Gatzen vor etwa zehn Jahren entworfen, mit passender Bank.
Zum Zeitpunkt unseres Besuches hat sich Isabell Gatzen gerade etwas ganz Neues einfallen lassen. «Um als Designer Dinge machen zu können, die interessant sind, muss man offen sein und nach verschiedenen Wegen suchen.» So hat sie eine vielschichtige, spannende Porzellanvasen-Serie entworfen, die sie mit hochqualifizierten Handwerkern auf Bali selbst produziert. Drei Monate hat sie auf Bali gelebt und sich dabei in das lokale Kunsthandwerk vertieft. Die Vasen werden von Hand aus weissem Porzellan und schwarzem, balinesischem Vulkansand gemacht. Die schmucken Gebrauchsstücke zeigen sich spielerisch mit schwarzweissen Mustern, goldenen Ornamenten sowie Ringen und Aufsätzen.
Sie geben auch die erste Edition der Firma Atlas ab, welche Isabell Gatzen mit einem Freund, Werner Ladinig, gegründet hat. Geplant sind jährlich erscheinende neue Editionen aus unterschiedlichen Materialien, als nächstes Glas oder Marmor. Es ist für die Produktdesignerin eine Möglichkeit, modernes Design und traditionelle Handwerkskunst zu vereinen.
«Mein Beruf bedeutet, Schönheit mit Dingen, die man jeden Tag benützt, zu verbinden.» Dieses Regal hat Isabell Gatzen für die dänische Firma Karakter Copenhagen entworfen. Es dient hier als Träger von Büchern, Zeitschriften und Porzellan.
Das antike Sideboard ist aus Dänemark, darauf stehen unter anderem einige der neuen Vasen von Isabell Gatzen und der kokette Spiegel See Right Through Me: «Es ist eine Art Spionspiegel, in dem man nicht nur sich selbst sieht, sondern auch, was dahinter geschieht.» Poesie und Geschichte sind wichtige Elemente, für ihr Design genauso wie für ihr Daheim. Und obschon bei ihrem Wohnstil gilt «weniger ist mehr», hängt sie an kleinen Dingen, die eine Bedeutung für sie haben.
«Normalerweise habe ich natürlich nicht eine ganze Kollektion Vasen bei mir zu Hause, aber da das Projekt gerade neu ist, probiere ich sie gerne selber aus.» Isabell Gatzen besitzt auch viele Vasen, Möbel und Erinnerungsstücke, die sie von ihrer Grossmuter geerbt hat. Aber sie braucht eine gewisse Ordnung und findet, dass diese nicht nur ihr, sondern auch der relativ kleinen Wohnung guttut.
Der Wandschrank im Wohnzimmer wird als Regal benutzt. Darin befinden sich Bücher, Laptop un die Stereoanlage, und wenn die Hausherrin diese mal nicht sehen will, macht sie ganz einfach die Tür zu.
Den Marcel-Breuer-Stuhl, der mit zwei anderen Stühlen um den kleinen Küchentisch steht, hat Isabell Gatzen auf der Strasse im Quartier gefunden. Die alten Porzellanvasen mit Goldrändchen stammen von ihrer Grossmutter.
Klein, überraschend und sehr charmant ist das Badezimmer. Es steckt nämlich in einer Art Schrank hinter schönen, alten Glastüren.
Im Entree steht eine hübsche alte Kommode, die den Urgrosseltern gehörte. «Sie kamen aus Bern, auf der Rückseite der Kommode steht sogar noch ihre Adresse.»
Ein Generationensprung nach vorne findet im Schlafzimmer statt. Da hängt das Nerzjäckchen der Grossmutter an der Tür. Davor steht Isabell Gatzens Beistelltischchen «Hook me up» mit sternförmigem Fuss aus Stein unter einer runden Glasplatte.
Die Dreizimmerwohnung ist aufgeteilt in Wohnzimmer, Schlafzimmer und Arbeitszimmer. Letzteres ist Büro und Atelier in einem. Spannend an ihrem Beruf findet Isabell Gatzen, dass sie mit ganz unterschiedlichen Menschen auf der ganzen Welt zu tun hat. Sie arbeitet für verschiedene Firmen, hat eine eigene Designagentur und produziert Editionen für ihre neue Firma Atlas.
Die Materialien und das Handwerk spielen für Isabell Gatzen eine zentrale Rolle. «Man entwirft nicht nur, sondern macht Dinge von Hand, probiert aus, experimentiert und spielt herum, bis es funktioniert und so ist, wie man es sich vorgestellt hat.»
Eines der laufenden Projekte der Designerin sind Teppichentwürfe für eine Pariser Firma. Diese werden dann an der nächsten Möbelmesse in Mailand vorgestellt.
Auf dem Arbeitszimmerboden liegen verschiedene Porzellanringe, die wie Armreifen, Halsketten oder Podeste Teile der neuen Vasen sind.
In eigener Sache: Ab heute entdecken Sie unsere Homestories auch in der «SonntagsZeitung».
Credits:
Isabell Gatzens Websites: Isabelle Gatzen, Atlas
Video: Rita Palanikumar und Mina Monsef
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