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Channel: Marianne Kohler, Autor auf Sweet Home
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Mein Pariser Tagebuch

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Jedes Jahr beginne ich mit einer Paris-Reise an die Deco-Messe «Maison et Objet». Sie heisst jetzt MOM, das bedeutet Maison et Objet and more. Das bisschen «More» hat der Messe gutgetan. Sie erscheint kreativer und zugleich freier. Als Übertrend hat die Messe «Silence», also Ruhe, bestimmt. Die brauchen wir vor allem zu Hause wieder vermehrt. Denn die Welt draussen ist laut, wild und unsicher geworden. Das Zuhause als Ort der Zuflucht ist ein wichtiger Wert, der immer weniger selbstverständlich ist.  

Geniessen Sie mit diesem kleinen Tagebuch einige Pariser Momente. Es geht natürlich um die Trends, aber ich verrate Ihnen auch, was mir sonst noch aufgefallen ist, einige Lieblingsadressen und Eindrücke.

Eine pariserisch-kokette Kollektion habe ich auf der Messe bei Gabrielle Paris entdeckt. 

Wohnen und sich zurückziehen ins kleine Reich ist auch in Paris mindestens so wichtig wie die Mode geworden. Ein Beweis dafür ist Sarah Lavoine, die gerade als Stardesignerin gefeiert wird. Ihre brandneue Boutique steht denn auch an der Place des Victoires – an dem Platz also, der einst wegen Gaultier, Comme des Garçons und Yamamoto Pilgerort für Fashionpeople war. Auch Lavoine bietet das kleine bisschen «More»: Ihr charmanter Interiorshop ist zugleich Café, Showroom und wirkt wie ein Boudoir. Und er ist französisch, farbig, chic und erfrischend anders als der Skandi-Hipster-Einheitsbrei, der so lange die Szene beherrschte.

 

Dass es ganz so karg, schwarz-weiss und uniform nicht weitergehen kann, das haben die Skandinavier, die immer noch einen wichtigen Platz in der Deco-Einrichtungswelt einnehmen, natürlich schon lange begriffen. Sie zeigen, wie übrigens die meisten anderen Firmen auch, viel Weltoffenheit und Sanftmut. Ethnochic, Muster, die an französische Stoffe des 18. Jahrhunderts erinnern, kleine Blumen und eine zarte Poesie ziehen sich durch viele Kollektionen. LAB, das kleine Pariser Label, das eine Kollektion und eine Boutique hat, ist stark in Bettwäsche aus weichem, sanftem Leinen und fröhlich bedruckter Baumwolle. Lene Bjerre wiederum mischt rosa Samt mit groben Handwebkissen und Tine K. Home spielt mit Blümchen und Ethno. 

 

Im Gegensatz zur Mode schaut man in der Dekowelt nicht gar so weit nach vorne: Der nächste Sommer ist angesagt. Dazu gehört das Leben draussen, Ferienstimmung und das Meer. Wichtige Trendstücke dafür sind handgemachte Keramikkrüge für selbst gemachte Limonade. Die schönsten hat definitiv die Manufacture de Digoin. Charmant sind Rattanmöbel, die an die 40er-Jahre denken lassen, wie etwa die von Sika Design. Dazu passen blau-weisse Kissen wie die von Eight Mood

 

Ob zu Hause, auf den Strassen oder in den Cafés und Restaurants – in Frankreich spielt das Essen immer eine wichtige Rolle. Dem zollt die deutsche Geschirrfirma ASA mit einer absolut fantastischen Inszenierung Respekt: Der Messestand zeigt kleine Tische, gedeckt mit dem neuen Geschirr und herrlichen falschen, aber echt wirkenden Lebensmitteln. Wunderschönes Metallgeschirr und Besteck hat die japanische Firma Ayoshi gezeigt. Bei der dänischen Firma Lene Bjerre waren Terrinen und Schüsseln mit schimmernden Muschelschalen gefüllt. Die echten und besten Muscheln, nämlich die Moules de Bouchot, werden täglich auf dem Markt an der Rue des Martyrs angeboten. Eine kleine Strasse, die gleich neben meinem Hotel ist und die ich, weil sie noch ein Stück echtes Paris ist, von Herzen liebe.  

Das 9. Arrondissement ist mein Lieblingsquartier. Vielleicht, weil ich da einmal für längere Zeit gewohnt habe, aber auch, weil ich hier ein Hotel gefunden habe, das genau meinen Vorstellungen von einem Pariser Hotel entspricht. Das Hotel Langlois habe ich in der «New York Times» entdeckt – und gehe, seit ich es gefunden habe, wieder gerne nach Paris. Es hat charmante und grosse Zimmer; und es ist liebevoll und authentisch renoviert. Man kann von der Rue Saint Lazare schnell zum Montmartre spazieren. Auf dem Weg sind viele kleine Bistros, feine Lebensmittelläden, ein Markt an der Rue des Martyrs und hübsche bürgerliche Wohnquartiere mit kleinen Parks zu finden. Ein tolles Museum, nämlich das Musée Gustave Moreau, ist auch gleich um die Ecke vom Hotel. 

Der grosse Wohntrend «Silence», der auf der Messe zelebriert wurde, steht auch für Zeit. Zeit für eine Tasse echten Tee etwa, zum Beispiel im Oma-Geschirr der holländischen Firma Pip Studio. Zeit auch für echtes Handwerk, wie es etwa die Briten Esme Winter mit ihren handgemachten Papieren und Büchern zeigen. Oder Zeit, nach dem kleinen Glück zu suchen, wie etwa den vierblättrigen Kleeblättern, die als Muster bei Eight Mood Papiere und Stoffe zieren.

 

Aber Paris ist und bleibt auch die Stadt der Mode. Und so zieht es mich immer in mein altes Quartier, in dem ich in meiner Zeit als Moderedaktorin wohnte. Es ist das «8ème» mit den Tuilerien, dem Palais Royal und der Rue St. Honoré. Ich muss bei jedem Parisbesuch immer kurz bei Colette reinschauen, um zu sehen, wie die Pariser die neue Mode kombinieren. Die Rue Saint Honoré lohnt sich jederzeit für einen Schaufensterbummel! Dabei muss man auch unbedingt bei Astier de Villatte vorbeischauen, wo es das allerschönste handgemachte Geschirr charmant präsentiert gibt. Wer denkt, dass die Modewelt nichts isst, irrt sich: An der gleichen Strasse, an der Supermodels flanieren und die schicksten Modehäuser zu Hause sind, gibt es auch kleine, feine Bistros, in denen man zu moderaten Preisen französische Hausmannskost geniessen kann. Mein Lieblingsrestaurant, das es seit Jahrzehnten mit den gleichen Speisen gibt, ist ein kleines vietnamesisches, das Au Coin des Gourmets. Es ist immer voller Moderedaktorinnen und Journalisten, die zu den Modeschauen oder für ein Shooting in der Stadt sind. Das Essen ist exzellent und die Stimmung persönlich.

Credits: 

Messe: Maison et Objet
Kollektionen: Gabrielle ParisLABLene Bjerre, Tine K. HomeManufacture de DigoinEight MoodSika DesignASAEsme WinterPip StudioAntoinette PoissonDiptyque,
Shops: Sarah Lavoine, Colette, Astier de Villatte
Hotel: Hôtel Langlois
Restaurants: Bistro FuxiaAu Coin de Gourmets
Food: Sébastien Gaudard,
Museen: Musée Gustave Moreau

 

Der Beitrag Mein Pariser Tagebuch erschien zuerst auf Sweet Home.


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