1 — Der Waldspaziergang
Die Lifestyle-Trends, die uns die Corona-Krise bringt, sind ganz schön altmodisch. So entdecken wir den guten alten Spaziergang im Wald neu. Kein Wunder, denn er entspannt, lüftet den Kopf, bringt Sonne ins System und verbindet uns auf schönste Art mit der Natur. Und Wald haben wir in Zürich in unmittelbarer Nähe. Ich erinnere mich an die Zeit, als mein Mann und ich jung und frisch verliebt waren. Wenn ich David, der gerade aus London in die Schweiz kam, am Sonntag einen «Walk in the forest» vorschlug, zog er sich die Decke über den Kopf und meinte «f… the forest» – so was Langweiliges könnten wir dann machen, wenn wir alt sind!
Jetzt aber spazieren alle, denn cool ist grad niemand wirklich. Da ich mit Miss C. seit Jahren jeden Tag durch die Wälder in unserer Nähe streife und diese fast so gut kenne wie mein Wohnzimmer, kann ich die neuen Spaziergänger natürlich sofort ausmachen. Sie haben zu viel Parfüm aufgesprüht, tapsen mit Riemchensandalen über die Waldwege oder schauen sich verloren um und vergleichen die Wege mit Google Map. Es gibt natürlich auch solche, die schleppen den halben Haushalt mit, machen Feuer in staubtrockener Umgebung, montieren Hängematten zwischen die Bäume oder bauen Hütten. Aber die meisten lernen spazieren. Ob sich dieser Trend auch nach der Krise hält, weiss ich nicht, aber auf jeden Fall entdecken gerade ganz viele den Wald für sich. (Bild: MKN)
2 — Telefonieren
Gerade musste ich das Blogschreiben unterbrechen, da es Zeit ist für mein tägliches Telefonat mit meinem Vater. Es hat sich so eingespielt und ist momentan Ersatz für persönliche Besuche. Das war das Telefon auch schon mal früher. Man reiste nicht so oft und sprach auch nicht einfach mitten im Tag mit jemandem am Telefon. Das private Telefonieren war ganz klar mit dem Zu-Hause-Sein verbunden. Doch mit dem Smartphone änderte sich alles. Wir machen sehr viel mit diesem kleinen Computer, schreiben Nachrichten mit hässlichen Figürchen bespickt, senden oder bekommen doofe Videos, kommunizieren per Voicemessage auf Instagram oder zeigen auf derselben Plattform der ganzen Welt, was wir gerade zum Abendessen kochen. Doch das Smartphone wird selten zum Telefonieren genutzt. Auch geschäftlich ist das Telefonieren kaum mehr gefragt. Mails, die meist mit vielen Abkürzungen und CCs verfasst werden, dass sie wirken wie Geheimbotschaften, zu denen ein ganzes Team Zugang hat und mithilfe von Kommentaren miteinander kommuniziert, obschon man im gleichen Büro oder Haus arbeitet, haben das «normale» Miteinandersprechen verdrängt. So fühlen sich viele, die den ganzen Tag hinter dem Bildschirm sitzen, durch ein Telefonat gestört und wissen gar nicht mehr, wie man auf diese altmodische Art miteinander kommuniziert. Schön, dass auch die Smartphone-Generation das richtige Telefonieren wieder kennen lernt. Ob wir nach der Krise auch noch so viel telefonieren, wird sich herausstellen. Auf jeden Fall sind Retrotelefone schon länger wieder im Trend. (Bild: MKN)
3 — Liebesbriefe schreiben
Kürzlich traf ich eine sehr junge Freundin, deren Freund in der Rekrutenschule ist und keinen Ausgang hat. Sie schwärmte mir vor, dass sie nun auch endlich Liebesbriefe bekomme und schreibe. Schön, denn auch das ging mit der schnellen Smartphone-Kommunikation verloren. Ein richtiger Brief, der erst noch ein paar Tage braucht, bis er ankommt, den man aufmachen, anfassen und den Inhalt wieder und wieder lesen kann, ist schon was anderes als eine Whatsapp-Nachricht. Auch kann man Briefe aufbewahren und mit ihnen Jahre später zurückreisen. (Bild: MKN)
Buchtipp: Tauchen Sie zu diesem Thema in die wunderschönen Liebesbriefe, die sich Zelda und Scott Fitzgerald gegenseitig geschrieben haben: «Dear Scott, Dearest Zelda»
4 — Gärtnern
Gärtnern boomt! Wer ein kleines Plätzchen zur Verfügung hat, beginnt zu säen, Pflanzen zu ziehen und zu ernten. Auf vielen Instagramaccounts werden mehr Gärten, Gartenarbeiten und Blumen gepostet als Fotos vom Kochen und Essen. Bei vielen geht es weniger um grossartig angelegte Gärten, sondern vielmehr um das Anpflanzen von Schnittblumen, Kräutern, Gemüse und Beeren. Dafür baut man Gartenbeete. Auch Schrebergärten sind begehrter geworden. Dieses Bild zeigt den wunderschönen Gemüsegarten der Villa Necchi in Mailand. (Bild: MKN)
5 — Einmachen und Fermentieren
Dieser Trend ist die logische Folgerung des Gartenbooms. Wer erntet, möchte auch lange davon geniessen können. So haben alte Techniken wie das Einmachen und Fermentieren den Weg zurück ins moderne Leben gefunden. Auch wer nicht selbst pflanzt und erntet, kocht Früchte und Gemüse ein, macht «Pickles» und fermentiert Delikatessen wie Kimchi, Kambucha oder Sauerkraut. Dank der Fermentation kann Gemüse lange haltbar gemacht werden, und man kann es ohne Kühlschrank aufbewahren. Zudem entwickeln sich beim Gärungsprozess gesunde Vitamine, und fermentiertes Gemüse wirkt sich positiv auf die Verdauung aus. Eingelegte Pickels sind fein zum Apéro oder ergänzen Sandwiches. Die Schweizer Klassiker sind Essiggurken und Silberzwiebeln. Zu den Klassikern in England gehören eingelegte Zwiebeln oder Piccalilli, ein Gemüse-Mix. Mein Vater hat gerade Bärlauchknospen eingelegt, und auch Radieschen, Eier oder Erdbeeren werden mit Essig und Salzlaken zu haltbaren Köstlichkeiten. (Bild über: Tasty Yummies)
6 — Brot backen
Anfang der Nullerjahre waren kunstvoll verzierte Cupcakes angesagt. Sie inspirierten auch die schicksten und schlanksten Frauen zum Backen. Ob sie diese farbigen Kunstwerke auch wirklich assen, sei dahingestellt. Doch die kleinen Kuchen lösten auf jeden Fall einen Backboom aus; Torten, Macarons und Backblogs folgten. Später wurde es mit Zimtschnecken und Olivenöl-Kuchen bodenständiger. Doch wer heute etwas auf sich hält, backt Brot. Gerade jetzt in der Corona-Krise, in der wir zu Hause bleiben und nicht täglich schnell zu unserem Lieblingsbäcker hüpfen, ist frisch gebackenes Brot noch wertvoller. Der Trendsetter ist Sauerteigbrot. Kein Wunder, denn auch Sauerteig ist eine Art von Fermentation und hilft, das Brot haltbarer, gesünder und verdaulicher zu machen. So werden in vielen Stadtküchen Sauerteige angesetzt, deftiges Brot gebacken und dieses voller Stolz auf den sozialen Medien gepostet. (Bild über: The Chalkboard Mag)
7 — Bügeln
Bügeln wird von vielen gehasst – zu Unrecht, wie ich persönlich finde. Aber auch das Bügeln erlebt gerade ein grosses Revival. Auf einmal entdeckt man mehr Sinn darin, als einfach bloss eine Bluse bürofit zu machen. Das Bügeln hilft nämlich, Textilien zu reinigen. Kleider und Wäsche bekommen nach dem Waschen und Trocknen mit dem heissen Dampf eine zusätzliche Art von Desinfektion. Wer es trotzdem nicht so gern macht, dem hilft meine Art zu bügeln, die ich auch schon hier auf dem Blog vorgestellt habe und die bei vielen Anklang fand: Ich bügle mit einem Glas Champagner und gönne mir dabei eine leichte Fernseh- oder Netflixserie. Zudem finde ich das Falten und Einräumen der gebügelten Kleider und Wäschestücke sehr meditativ, und ich freue mich über das befriedigende Resultat meiner Hausarbeit. (Bild über: Pinterest)
8 — Die Hausbar
Vom Bügel-Champagner gehts direkt in die Hausbar. Auch diese erfreut sich in den Zeiten von Corona besonderer Beliebtheit. Alle, die nicht mehr mit Freunden ab und zu einen Apéro trinken können, machen das nun zu Hause. Entweder mit einem virtuellen Freundetreff oder ganz gemütlich und stilvoll auf dem Balkon. Man lernt Drinks zu mixen, sorgt für genügend Eiswürfel im Tiefkühlfach und richtet sich richtige kleine Hausbars ein. Und zwar nicht die versteckten, beleuchteten Versionen, die früher in Wohnwände eingebaut wurden, sondern eher edle, kleine Hausbars auf einem grossen Tablett oder einem Barwagen. (Bild über: The Fox and She)
Cocktail
Und weil Freitag ist und dieser auch im Lockdown das Einklingen zum Wochenende bedeutet, kommt ein gutes, einfaches Cocktailrezept gerade richtig. (Bild über: A Beautiful Mess)
Und so geht ein einfacher Gin-Cocktail:
Giessen Sie 6 cl Gin, 3 cl Grand Marnier und 3 cl Limonensaft in einen mit Eis gefüllten Cocktailshaker. Schütteln Sie alles gut, und giessen Sie den Cocktail in ein hübsches Cocktailglas. Mit einem Rosmarinzweiglein oder ein bisschen Thymian dekorieren und geniessen.
9 — Fernsehschauen
Der Fernseher stand in vielen Haushalten gut versorgt im Ruhestand. Doch nun wurde er bei den meisten zurück ins Wohnzimmer geholt. Denn man schaut wieder ausgiebig fern. Und das auch mal mitten am Nachmittag. Die Flimmerkiste füllt das Haus mit Leben und Serien, und Filme entführen auf einfachste Art in andere Welten und Zeiten. Gönnen Sie sich also ruhig auch mal «Teatime-TV» als willkommene Alltagspause mit Tee, Biskuits und einer guten Sendung! Meine Favoriten bleiben die Klassiker Miss Marple und Hercule Poirot auf ITV3, denn sie sind ganz einfach sehr stilvoll, sowohl modisch wie auch in der Ausstattung. (Bild: MKN)
10 — Lesen im Bett
Was mal, wie der Waldspaziergang, einfach bloss langweilig war, ist nun beruhigend und zum echten Vergnügen geworden: Lesen im Bett! Früher unter die Decke schlüpfen mit einem guten Buch und vielleicht auch mit einem Kakao, der in alten Filmen als Bettmümpfeli genossen wird, wird zum Highlight des Tages. Vor dem Einschlafen in eine andere Geschichte zu tauchen, lässt uns die Alltagssorgen vergessen, und wir können besser schlafen. (Bild über: Classic Hollywood Central)
Der Beitrag Corona bringt neue Trends erschien zuerst auf Sweet Home.